FMH – Berufsverband
 

Was ist unser politischer Fokus – und was Fokus der Politik?

Pick your battles Der politische Fokus der FMH wird sich in den nächsten Jahren auf drei Themen richten: Ausreichend Fachkräfte, administrative Entlastung und erfolgreiche Ambulantisierung. Wie wichtig es ist, diese zentralen Herausforderungen stärker in den Fokus der Politik zu rücken, zeigt auch die laufende Session.
Dr. med. Yvonne Gilli Präsidentin der FMH

Dr. med. Yvonne Gilli
Präsidentin der FMH

Für die Jahre 2025–2028 ist der politische Fokus der FMH gesetzt: Wir werden nachdrücklich für «Ausreichend Fachkräfte» eintreten, uns für «Admini­stra­tive Entlastung» engagieren und eine «Erfolgreiche Ambulantisierung» vorantreiben. Diese Priorisierung ist sehr breit abgestützt: Sie spiegelt die wichtigsten Herausforderungen, die unsere Mit­glieder und Delegierten in Befragungen nannten. Sie berücksichtigt aber auch die Expertise weiterer von uns befragter Akteure. Wie genau wir die wichtigsten Herausforderungen der FMH erhoben und zu einer Strategie geformt haben, finden Sie im Artikel «Choose your battles wisely: Die Strategie der FMH 2025–2028» in dieser digitalen SAEZ-Ausgabe.

Die FMH macht Druck für ausreichend Fachkräfte
Unser Eintreten für ausreichend Fach­kräfte ist nicht neu. Jedes Jahr weist unsere Ärztestatistik aufs Neue auf die bedenkliche Entwicklung hin. Wir wiederholen beständig, dass in den letzten zehn Jahren über 70 % unserer neuen Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland kamen [1]. Diese Abhängigkeit ist nicht nur unethisch, sondern auch gefährlich. Laut OECD leiden aktuell 20 EU-Länder unter Ärztemangel [2]. Sobald diese Länder ihren Fachkräften bessere Bedingungen bieten oder sich unsere Rahmenbedingungen weiter verschlechtern, droht der Schweiz ein massiver Mangel. Bereits heute spüren wir schmerz­haft, dass zu wenige Grundversorger zuwandern. Dieser Mangel kann sich schnell verschärfen und auf alle spezialmedizinischen Disziplinen ausdehnen.

Angesichts der sich zuspitzenden Lage hat die FMH im Februar auf dem Bundesplatz auf das gravierende Problem hingewiesen. Gemeinsam mit den anderen vier universitären Medizinalberufen übergaben wir unsere Forderungen – unter anderem nach mehr Ausbildung und attraktiveren Arbeitsbedingungen – an Barbara Gysi als Präsidentin der nationalrätlichen Gesundheitskommission SGK-N sowie an Damian Müller als Präsident der ständerätlichen Schwester­kommission SGK-S.

Die Forderungen wurden an Barbara Gysi, Präsidentin der SGK-N, und Damian Müller, Präsident der SGK-S, übergeben.

Die Forderungen wurden an Barbara Gysi, Präsidentin der SGK-N, und Damian Müller, Präsident der SGK-S, übergeben.

Politische Entscheidungen verschärfen den Mangel weiter
Leider verkennt das Parlament immer noch oft die Situation und die Aus­wirkungen seiner Entscheide: So lehnte im Februar die SGK-N den Vorstoss des Wallis ab, dass Kantone im Fall von Unterversorgung Ausnahmen von den Zulassungsauflagen machen können (24.300). Unbeeindruckt von der geschilderten Mangelversorgung befand die Kommission, Ausnahmen würden «die 2022 eingeführte Zulassungs­steuerung von Ärztinnen und Ärzten untergraben» [3]. Gleichzeitig stimmte die SGK-N jedoch der Motion eines Kassenlobbyisten zur Lockerung des Vertragszwangs zu (23.4088). Diese zerstört nicht nur das KVG-Fundament ebendieser Zulassungsregelung und konterkariert sämtliche kantonalen Planungen. Vor allem gefährdet sie die Patientenversorgung! Die Motion möchte ein «Überangebot» bekämpfen, befördert jedoch Unterversorgung. Gerade ältere Personen und chronisch Kranke hätten in der wachsenden Knappheit kaum noch Chancen auf Arzttermine, weil sie im System der «Vertragsfreiheit» zum Kostenrisiko würden. Viele Fach­kräfte würden unter solchen Bedingungen das Weite suchen – und die verbleibenden mit noch mehr Kassenadministration beschäftigt.

Auch «administrative Entlastung» tut Not
Die universitären Medizinalberufe rückten auf dem Bundesplatz auch unser zweites Fokusthema ins Blickfeld: Die ausufernde Bürokratie, die das ohnehin knappe Personal immer mehr Zeit kostet und aus dem Beruf treibt. Auch hier engagiert sich die FMH seit Jahren, zeigt mit Studien das Problem auf und wehrt überflüssige, neue administrative Auf­wände ab. Diese Aktivitäten dürften auch ein wichtiger Grund dafür sein, dass die Bundesverwaltung nun eine Arbeitsgruppe zum «administrativen Aufwand im Gesundheitswesen» einberuft. Im Rahmen dieser Gruppe und in weiteren, eigenen Aktivitäten wird sich die FMH für einen zügigen Abbau überflüssiger Bürokratie einsetzen. Dabei werden wir auch die vielen Beispiele für unnötige administrative Tätigkeiten nutzen, die uns Ärzte und Ärztinnen geschickt haben.

Trotzdem wird im Parlament neue Bürokratie diskutiert
​​​​​​​Doch auch hier ist es nicht immer einfach, dem Parlament die oftmals bürokratieintensiven Folgen seiner Vorhaben zu verdeutlichen. Ein aktuelles Beispiel aus der Frühlingssession ist der «neue Leistungserbringer» des zweiten Kosten­dämpfungspakets (22.062). Statt der angeblichen «Netzwerke» hätte dieser eine lähmende bürokratisierende Überregu­lierung ohne jeden Nutzen gebracht. Nach jahrelangem hartnäckigen Einsatz der FMH hat das Parlament nun endlich dieses Vorhaben verworfen. Gemeinsam mit vielen weiteren Akteuren konnten wir eine sinnlose Multiplikation von Büro­kratie verhindern!

Verbände der Medizinalberufe für mehr Fachkräfte

Die Verbände der fünf universitären Medizinalberufe setzten sich am 21. Februar 2025 auf dem Bundesplatz für mehr Fachkräfte ein (Ärzteschaft FMH, Apothekerschaft pharmaSuisse, Chiropraktik ChiroSuisse, Zahnärzte SSO, Tierärzteschaft GST)

Erfolgreiche Ambulantisierung braucht sachgerechte Tarifierung
Auch unser drittes Fokusthema, den grossen Wandel im Gesundheitswesen im Sinne einer «erfolgreichen Ambu­lantisierung» mitzugestalten, beinhaltet eine Mammutaufgabe. Mit der vom Volk am 24. November bestätigten einheitlichen Finanzierung konnten wir bereits eine wichtige Voraussetzung schaffen. Doch neben der Finanzierung braucht eine optimale Versorgung auch eine sachgerechte Tarifierung. Hier steht nun 2026 die überfällige Einführung des über viele Jahre und Prüfungen entwickelten TARDOCs an – gleichzeitig mit ambulanten Pauschalen, die trotz berechtigter Kritik ohne vertiefte Prüfung vom Bundesrat genehmigt wurden. Die FMH steht vor der Heraus­forderung die Tarifumstellung zu begleiten und für ihre Mitglieder so einfach wie möglich zu machen. Gleichzeitig gilt es die Pauschalen nun im Rahmen der Tarifpartnerschaft möglichst schnell zu verbessern. Weder die Entwicklung noch die Einführung dieser Pauschalen lag in unserer Hand. Eine Genehmigung durch den Bundesrat trotz Konsens über ihre Unzulänglichkeit müssen wir hinnehmen – werden jedoch alles für Schadensbegrenzung und Verbes­serungen tun.

… statt beständig neuer Vorgaben und Regulierungen
Mit Blick auf die Ambulantisierung sind die politischen Entscheide oft wenig hilfreich. Der massive Kostendruck auf ambulante Behandlungen macht diese unrentabel – und fördert teure Spital­aufenthalte. Die Gestaltungs­freiheit der Tarifpartner wurde in ein so enges Netz an Vorgaben eingewoben, dass kaum noch Raum bleibt. Und der Bund knüpft seine Regulierungsfäden immer enger. Dies erfolgt im Grossen wie bei der anstehenden Umsetzung des Artikels 47c KVG und der Kostenziele. Aber auch im Kleinen wenn z. B. Parlamentarier trotz tarifpartnerschaftlicher Einigung weitere Bundeskompetenzen zu den Notfall­pauschalen fordern (24.4346) oder Revi­sionen das kostendeckende Praxislabor und damit eine gute Grundversorgung gefährden (24.037).

Mit klarem Fokus den politischen Fokus herausfordern
Unsere drei Fokusthemen klingen einfach – und weisen doch Bezüge zu vielen komplexen politischen Geschäften auf. Unsere drei Ziele sind z. B. auch nur mit einer nutzbringenden Digitalisierung erreichbar: Nur so werden wir Fachkräfte im Beruf halten, administrative Arbeiten sinnvoll bewältigen und den für eine erfolgreiche Ambulantisierung notwendigen digitalen Informationsfluss herstellen können. Unsere Ziele sind folglich hoch gesteckt, doch mit klarem Fokus und klaren Botschaften werden wir ihnen näher kommen – und dabei den Fokus der Politik herausfordern und schärfen.

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