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Blockchain im Gesundheitswesen: Chancen und Herausforderungen

Trends und Innovationen Die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens eröffnet vielfältige Möglichkeiten, um die medizinische Versorgung nachhaltig zu optimieren. Insbesondere die Blockchain-Technologie könnte hierbei eine tragende Rolle spielen, sowohl im Bereich des Datenmanagements als auch in administrativen Prozessen.

Marco Heuberger
Projektleiter Digitalisierung, Daten und Qualität, FMH

Esther Kraft
Leiterin Digitalisierung, Daten und Qualität, FMH

Yves Zenger
Kommunikationsspezialist, FMH

Die Blockchain-Technologie revolutioniert nicht nur Finanzmärkte, sondern bietet auch im Gesundheitswesen spannende Perspektiven. Sie optimiert das Datenmanagement, fördert die Interoperabilität und automatisiert Arbeitsprozesse – ein Schritt hin zu mehr Transparenz und Sicherheit.

Mehr Effizienz und Transparenz
Die Blockchain-Technologie, ursprünglich als Grundlage für Kryptowährungen entwickelt, findet heute zunehmend Einsatz in anderen Branchen. Für das Gesundheitswesen bietet sie innovative Möglichkeiten in verschiedenen Bereichen. Einer der Hauptvorteile liegt in der Interoperabilität, da durch die de zentrale Struktur ein reibungsloser und sicherer Datenaustausch ohne zentrale Instanzen ermöglicht wird. Smart Contracts (sogenannte selbstausführen de Verträge) erlauben die Automatisierung von Prozessen wie Abrechnung und Schadensmanagement, was den administrativen Aufwand reduzieren kann. Zudem stärkt die Technologie durch transparente und unveränderliche Daten die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten, indem sie diesen mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten gibt. Weitere Potenziale liegen in der Rückverfolgbarkeit von Medikamenten, der Verbesserung des Datenmanagements in klinischen Studien und der Reduktion von Fehlern und Betrug in Abrechnungssystemen.

Anwendungsbeispiel Estland
In der Schweiz gab es vereinzelt Initiativen, Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen einzusetzen. Diese waren aufgrund von Datenschutzbedenken und Skalierungsproblemen bis her jedoch in beschränktem Masse erfolgreich. International zeigt besonders Estland, wie Blockchain effektiv integriert werden kann, um Prozesse zu optimieren und Vertrauen zu stärken. Seit 2016 setzt es die Blockchain-Technologie zur Sicherung elektronischer Gesundheitsdaten ein. Das baltische Land, das fast gänzlich seine öffentlichen Dienstleistungen digitalisiert hat, verwendet eine spezielle Signaturinfrastruktur, um die Integrität und Verfügbarkeit medizinischer Aufzeichnungen zu gewährleisten. Diese Technologie ermöglicht nicht nur eine sichere Speicherung, sondern auch einen effizienten Zugriff für autorisierte medizinische Fachkräfte. Patientinnen und Patienten können ihre Gesundheitsdaten aktiv verwalten oder Medikationspläne verfolgen. Estlands Erfolg zeigt, wie wichtig eine robuste digitale Infrastruktur und klare staatliche Strategien sind. Weitere Anwendungen von Blockchain Lösungen im Gesundheitswesen kombinieren sichere Datenspeicherung mit Interoperabilität und fördern die gemeinsame Nutzung von Gesundheitsdaten. Sie ermöglichen den effizienten Austausch und die Verifizierung von Patientendaten, reduzieren den Verwaltungsaufwand und unterstützen die Teilnahme an klinischen Studien. Zudem automatisieren Blockchain basierte Ansätze Transaktionen und schaffen Sicherheit sowie Transparenz beim Austausch medizinischer Daten. Sie optimieren Geschäftsprozesse im Gesundheitswesen und erleichtern die Verwaltung klinischer Studiendaten.

Öffentliche und private Blockchains

Öffentliche Blockchains wie Bitcoin oder Ethereum sind vollständig dezentralisiert und erlauben jeder und jedem, am Netzwerk teilzunehmen und Transaktionen zu validieren.

Private Blockchains sind auf bestimmte Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschränkt (z. B. in einem spezifischen Land) und werden oft von Unternehmen für interne Anwendungen genutzt, was sie zentralisierter macht.

Herausforderungen und Risiken
Die Blockchain-Technologie birgt im Gesundheitswesen nicht nur Chancen, sondern auch bedeutende Herausforderungen und Risiken. Zu den grössten Hürden zählen Datenschutzfragen, da die unveränderbare Struktur der Blockchain mit dem «Recht auf Vergessenwerden» kollidiert. Technische Lösungen wie Verschlüsselung und Pseudonymisierung sind notwendig, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Auch regulatorische Aspekte stellen ein Risiko dar, insbesondere wenn Blockchain-Lösungen als Medizinprodukte gelten, die strenge Konformitätsanforderungen erfüllen müssen. Kryptowährungen und andere Formen digitaler Vermögenswerte bringen zusätzliche rechtliche Komplexität mit sich. Darüber hinaus erschweren zentrale Kontrollmechanismen und länderspezifische Vorschriften die Implementierung, da sie im Widerspruch zur dezentralen Natur der Blockchain stehen.

Potenziale für Ärztinnen und Ärzte
Die Blockchain-Technologie könnte Ärztinnen und Ärzten neue Möglichkeiten im Datenmanagement und Daten austausch eröffnen. Patientendaten könnten manipulationssicher gespeichert und nur von autorisierten Personen eingesehen werden, was die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsdienstleistern verbessern und die Patientensicherheit erhöhen würde. Selbst auslösende Verträge könnten den administrativen Aufwand durch automatisierte Abrechnungen reduzieren. Zudem wäre ein schneller Zugriff auf vollständige Kranken geschichten möglich, insbesondere in Notfällen.

Fazit
Die Blockchain könnte das Gesundheitswesen grundlegend verändern, wenn Herausforderungen wie Datenschutz und rechtliche Unsicherheiten bewältigt werden. Das Beispiel Estland zeigt, dass klare Strategien und robuste Infrastrukturen entscheidend sind. Durch manipulationssichere Datenverwaltung, Automatisierung und verbesserten Datenaustausch könnte die Blockchain die Effizienz und Sicherheit im Gesundheitswesen steigern. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Technologie und Gesundheitsorganisationen ist nötig, um Vertrauen und Akzeptanz zu fördern und eine umfassende Transformation der Branche einzuleiten. Die FMH erkennt die vielversprechen den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen, ist sich jedoch ebenso der Herausforderungen bewusst, die mit deren Implementierung verbunden sind. Eine differenzierte und wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Risiken ist notwendig, um diese Technologie verantwortungsvoll und effizient in das bestehende System zu integrieren.

FMH veröffentlicht ein Positions- und Grundlagenpapier zum Thema Blockchain

Die FMH ist einer der ersten Verbände im Gesundheitswesen, die sich proaktiv und vertieft mit den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie auseinandersetzt. Sie erkennt sowohl die Chancen als auch die Risiken, die mit der Nutzung dieser Technologie einhergehen. Es ist dabei wichtig zu betonen, dass das volle Potenzial der Blockchain im Gesundheitswesen nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen politischen Entscheidungsträgern, Behörden, Technologieanbietern und Gesundheitseinrichtungen ausgeschöpft werden kann. Sie finden die Dokumente auf unserer Webseite unter Blockchain im Gesundheitswesen | FMH

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