Konkret geht es in Arztpraxen hauptsächlich darum, ein Sicherheitshandbuch mit einem Massnahmenkatalog zu erstellen sowie einen Sicherheitsbeauftragten oder eine Sicherheitsbeauftragte (SiBe) zu bestimmen. Letzteren obliegt die Planung und Umsetzung der Massnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz.
Seit Erarbeitung der ersten von der EKAS zertifizierten Branchenlösung für Arztpraxen durch die FMH und Arbeitssicherheit Schweiz sind weitere Angebote auf den Markt gekommen. Dazu gehören die ebenfalls von der EKAS zertifizierte Branchenlösung von Medmonitor (auf Deutsch und Englisch verfügbar) und die Kurse für Arbeitssicherheit der Schweizerischen Belegärzte-Vereinigung (SBV).
Eine Branchenlösung dient einem Arbeitgebenden als Sicherheitsbaukasten, mit welchem er sämtliche Aspekte seines Unternehmens abdecken kann, die für das Personal oder die Struktur ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen.
Es gibt zwei Branchenlösungen auf dem Markt mit entsprechenden fakultativen Kursen sowie einen speziellen Kurs für Arztpraxen, damit diese ihre eigene, individuelle Lösung entwickeln können.
Ja. Da in fast allen Arztpraxen besondere Gefährdungen gemäss EKAS-Richtlinie 6508 vorkommen (z.B. gesundheitsgefährdende Stoffe, ionisierende und/oder nichtionisierende Strahlungen, biologische Substanzen, Laser), müssen Ärztinnen und Ärzte generell Massnahmen für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz treffen und nachweisen können.
Branchenlösungen sind im medizinischen Bereich nichts Neues: Krankenhäuser, Pflegeheime und Spitex sind einige Beispiele für Bereiche des Gesundheitswesens, die über eigene Branchenlösungen verfügen.
In den letzten Jahren sind Arztpraxen in das Blickfeld der kantonalen Arbeitsinspektorate geraten und gelten nun als Wirtschaftsbereiche, in denen Risiken bestehen, die eine individuelle oder branchenspezifische Lösung im Sinne der Arbeitssicherheit erfordern. Als Wirtschaftsbereich, in welchem besondere Risiken bestehen, ist eine individuelle oder branchenspezifische Lösung für Arbeitssicherheit erforderlich.
Branchenlösungen befassen sich auch mit den Themen Hygiene sowie Medikation und gibt Richtlinien vor, die anzuwenden sind, kann aber ein vollwertiges, spezialisiertes Hygienesystem nicht vollständig ersetzen, da die Hauptaufgabe der Branchenlösung in der Arbeitssicherheit und im Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden liegt. Hygiene- und Apothekenkonzept können im Gegenzug jedoch auch nicht die Branchenlösung (bzw. ein adäquates Sicherheitskonzept) ersetzen. Um den gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden, kann sich beides als notwendig erweisen.
Auch wenn auf den ersten Blick keine Gefahren oder Risiken in Ihrer Praxis aufzutreten scheinen, lohnt sich ein Blick in den Anhang I der ASA-Richtlinie 6508. Darin sind die besonderen Gefährdungen aufgelistet, die dazu führen, dass zwingend Spezialisten der Arbeitssicherheit zur Umsetzung eines Sicherheitssystems beigezogen werden müssen –
sei dies auf Mandatsbasis oder in Form der Branchenlösung.
Zu diesen «besonderen Gefährdungen», die möglicherweise in Ihrer Praxis auftreten können, gehören unter anderem Infrarotstrahlungen, elektromagnetische Felder, Laser der Klassen 3B und 4 sowie biologische Agenzien der Risikogruppen 2, 3 oder 4 sowie weitere Chemikalien. Wenn Ihre Praxis sich in einem Spital oder einer Klinik befindet, sollten Sie prüfen, ob sie bereits durch die Branchenlösung für Arbeitssicherheit der jeweiligen Einrichtung abgedeckt ist.
Eine Branchenlösung ist «lebendig», das heisst, sie befindet sich in ständiger Entwicklung. Wenn Ihre Branchenlösung einen bestimmten Tätigkeitsbereich nicht abdeckt, können Sie Ihren Anbieter kontaktieren und auf diese Lücke hinweisen. Eine Branchenlösung ist darauf ausgelegt, sich im Laufe der Zeit weiterzuentwickeln, und es muss in jedem Fall eine periodische Überprüfung der getroffenen Massnahmen stattfinden, um ihre Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit zu gewährleisten.
Für den Bezug der Branchenlösung Arbeitssicherheit Schweiz ist eine Mitgliedschaft bei Arbeitssicherheit Schweiz Voraussetzung. Im Anmeldeformular unter www.arbeitssicherheitschweiz.ch/de/arzt können Sie sich als Mitglied bei Arbeitssicherheit Schweiz anmelden und das Modulbuch (Kernelement der Branchenlösung – im Tool PREVITAR digital) direkt bestellen. Ausserdem müssen Sie unter anderem die Personalien der oder des Sicherheitsbeauftragten (SiBe) angeben. Die Funktion der oder des SiBe können Sie selbst oder andere Mitarbeitende der Praxis (unabhängig ihres Berufs) wahrnehmen.
Falls Sie an der Branchenlösung von Medmonitor interessiert sind, können Sie über folgendes Online-Formular eine Beratung vereinbaren, um zu erfahren, welches Abonnement für Sie am besten geeignet ist: https://medmonitor.swiss/kontakt/. Anschliessend können Sie entscheiden, wer die Zugangsrechte haben soll: Sie selbst oder ein anderes Mitglied Ihres Praxisteams (unabhängig von dessen Beruf).
Die Arbeitssicherheitskurse der SBV sind in erster Linie für aktuelle bzw. angehende (sofern die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind) Mitglieder der Vereinigung gedacht. Wenn der Kurs jedoch freie Plätze aufweist, können Sie sich auch als Nichtmitglied zum entsprechenden Tarif anmelden. Sie können dann entscheiden, wer am Kurs teilnehmen soll: Sie selbst oder ein anderes Mitglied Ihres Praxisteams (unabhängig von dessen Beruf).
Jede Arztpraxis ist anders, sei es von einem Fachgebiet zum anderen, aufgrund der darin enthaltenen medizinischen Geräte oder aufgrund der Art der durchgeführten Eingriffe, unabhängig von der Grösse der Arztpraxis. Eine Branchenlösung sollte so breit wie nötig, aber so übersichtlich wie möglich sein.
Praxen ohne besondere Gefahren oder Praxen mit besonderen Gefahren und weniger als 10 Mitarbeitenden können mithilfe der 10 Elemente umfassenden ASA-Richtlinie unter dem folgenden Link eine «hausgemachte» Branchenlösung erstellen: ASA: Sicherheitssystem | So setzen Sie die ASA-Richtlinie um (suva.ch)
Arztpraxen, die verpflichtet sind, ein Sicherheitssystem einzurichten (besondere Gefahren und mehr als 10 Mitarbeitende), und auf eine Branchenlösung verzichten, müssen einen anerkannten Spezialisten mit der Ausarbeitung einer massgeschneiderten Lösung beauftragen, um die ASA-Richtlinie 6508 zu erfüllen.
Arbeitssicherheit Schweiz: Der Kaufpreis für die Branchenlösung setzt sich wie folgt zusammen:
Medmonitor: Der Kaufpreis für die Branchenlösung setzt sich wie folgt zusammen:
SBV: Die Kurse der SBV zur Arbeitssicherheit in der Arztpraxis finden in zwei Teilen statt, als Webinar und als Präsenzkurs. Die Kosten stellen sich wie folgt dar:
Eine Branchenlösung ist ein lebendiges Gebilde, das heisst, sie muss sich weiterentwickeln und an neue Technologien und an die Arbeitsorganisation in der Arztpraxis anpassen, sonst droht sie zu veralten. Andererseits muss eine Branchenlösung, um vor dem Gesetz Bestand zu haben, zertifiziert sein oder von einem Anbieter entwickelt werden, der alle 5 Jahre von der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) zertifiziert wird. Dies wird bei der vorliegenden Branchenlösung durch den Schweizerischen Verein für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet.
Die FMH ist der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz. Sie hat als Dachorganisation nicht die Kompetenz, um intern eine Branchenlösung zu entwickeln und verfügt folglich auch nicht über eine EKAS-Zertifizierung, die eine eigene Branchenlösung rechtsgültig machen würde. Aus diesem Grund muss eine Organisation hinzugezogen werden, welche diese Kriterien erfüllt.
Die Arztpraxis sollte aus dem Kreis der Mitarbeitenden eine/einen «Sicherheitsbeauftragten» (SiBe) bestimmen, der/die die für alle Mitarbeitenden geltenden Sicherheitsmassnahmen umsetzt oder anordnet. Diese Person kann (fakultativ) einen Kurs für Sicherheitsbeauftragte beim entsprechenden Anbieter der Branchenlösung oder bei der SBV absolvieren. Diese Kurse sind aber nicht vorgeschrieben.
Grundsätzlich gilt festzuhalten, dass die Branchenlösung für Arztpraxen den Aufwand reduziert, der für die gesetzlich vorgeschriebene Implementierung eines Sicherheitskonzepts notwendig ist. Sie bietet gerade für grössere Praxen viel mehr eine Aufwandersparnis gegenüber einer individuellen Lösung. Die Anzahl zu investierenden Stunden ist aufgrund der Unterschiede zwischen den einzelnen Arztpraxen schwierig zu berechnen. Nach einem Initialaufwand von ca. einem halben Tag zum Einrichten des individuellen Praxishandbuchs, bedarf es regelmässig einen – je nach Situation im Betrieb mehr oder weniger grossen – Aufwand zur Planung und Umsetzung bedarfsgerechter Massnahmen.
Die Rechtslage ist seit mehreren Jahren unverändert, was bedeutet, dass ein Sicherheitskonzept schon heute verpflichtend ist. Wenn sich eine Arztpraxis dafür ausspricht, eine Branchenlösung zu implementieren, werden die Arbeitsinspektorate sicherlich Verständnis dafür aufbringen können. Wer kontrolliert wird, ohne über ein Sicherheitskonzept zu verfügen, muss mit Konsequenzen rechnen. Über Form und Ausmass der Auflagen entscheidet der jeweilige Kanton, abhängig vom konkreten Vergehen.
Sollte sich ein Vorfall ereignen, der mit einem korrekt umgesetzten Sicherheitskonzept hätte verhindert werden können, kann der Versicherer Regress nehmen.
Wenn Sie unsicher sind, ob die Branchenlösung für Ihre Praxis geeignet ist oder wenn Sie beim Anmeldeprozess Unterstützung benötigen, steht Ihnen die Abteilung Dienstleistungen und Berufsentwicklung der FMH gerne zur Verfügung (Tel. 031 359 11 11, [email protected]).
Wenn Sie erwägen, die Funktion der oder des Sicherheitsbeauftragten zu externalisieren, wenden Sie sich an Herrn Patrick Tuor von FMH Services (Tel. 041 925 00 77, [email protected]).
Scheint die Branchenlösung nicht alle Gefährdungen in Ihrer Praxis abzudecken oder bestehen aus Ihrer Sicht andere Mängel am Tool, zögern Sie nicht, mit Ihrem Anbieter in Verbindung zu treten.